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Am 1. Oktober 2017 fand in Katalonien ein Referendum über die Unabhängigkeit in Form einer Republik statt. Der spanische Zentralstaat unter dem konservativen Mariano Rajoy (Partido Popular – PP) versuchte dies mit allen Mitteln zu verhindern. An vielen Orten wurde mit Gewalt, u.a. durch die paramilitärische Guardia Civil, gegen Wahllokale und Abstimmende vorgegangen. Gerechtfertigt wurde der Ausnahmezustand durch die Berufung auf die geltende Verfassung von 1978 – die sich als Deal zwischen den alten Eliten Francos und den großen Parteien lesen lässt, die Täter bekamen eine Generalamnestie und konnten Posten behalten als Gegenleistung für den Übergang zur Demokratie. Trotz über 900 Verletzten lag die Wahlbeteiligung bei 42,3% und 90% stimmten für die Unabhängigkeit. Am 27. Oktober wurde die Republik durch einen Mehrheitsentscheid des katalanischen Parlaments ausgerufen. Daraufhin hat Spanien die Autonomie Kataloniens suspendiert, gewählte Abgeordnete wegen Rebellion verhaften lassen und Neuwahlen für den 21. Dezember angesetzt mit der Aussicht das Parlament direkt wieder aufzulösen sollten die Unabhängigkeitsbefürworter:innen erneut in der Mehrheit sein.
In den großen deutschen Medien und der EU ist die Lage klar: das Referendum wird als Verfassungsbruch bezeichnet und auf der Unteilbarkeit des EU-Nationalstaats beharrt. Auch in vielen linken Publikationen wird sich verhalten oder ablehnend gegenüber dem Referendum und der Unabhängigkeit positioniert. In einem Artikel der jungle world etwa werden die Akteur:innen, wenig differenziert, als unsolidarische, völkische Wohlstandschauvinist:innen bezeichnet. Die taz veröffentlichte mit einem Gastkommentar der spanischen Botschafterin die einseitigst mögliche Position.
Die Unabhängigkeitsbewegung setzt sich jedoch aus Gruppen mit sehr unterschiedlichen Zielsetzungen zusammen. Neben bürgerlich-liberalen und mitte-rechts Kräften auf der einen Seite, sind andererseits sogar anarchistische Independentist@s und nicht zuletzt die linksradikale, munizipalistische Kommunalpartei CUP Teil der Koalition. Diese tritt ein für eine radikaldemokratische, soziale und feministische Republik als Antwort auf die Krisenpolitik der EU. Sie war bei den letzten Wahlen wichtiges Mitglied der, nun abgesetzten, Regierungskoalition. Es gibt einen Kampf um Hegemonie in der Bewegung und um die politische Ausrichtung der Republik. Zu diesem Zeitpunkt eint sie die Ablehnung des repressiven post-franquistischen Spaniens und der Wunsch nach Selbstbestimmung.
Eine Besonderheit in Katalonien ist die – auch jenseits der CUP  starke basisdemokratische Partizipation der Bevölkerung. Diese wurde über Jahre hinweg von zivilgesellschaftlichen Initiativen aufgebaut und ohne deren Selbstorganisierung in mehr als 200 Stadtteilversammlungen wäre das Referendum unmöglich gewesen. Inzwischen haben sich die „Comitès de la Defensa de la República (Komittee zur Verteidigung der Republik)“ (CDR) landesweit zusammengeschlossen. Sie sind Motor des Referendums und der Proteste.
Wir sehen in Teilen der Unabhängigkeitsbewegung Kataloniens Impulse und Chancen für emanzipatorische Veränderungen in einem Europa der Austerität und des allgegenwärtigen Rechtsrucks. Können Basisorganisationen die Politik von unten zurückerobern? Wir laden euch ein zu Input und Diskussion.